Freitag, 25. September 2015

Rezension: Natalio Grueso * Der Wörterschmuggler


Gebundene Ausgabe: 256 Seiten
Verlag: Atlantik 
ISBN-13:
978-3455600193
Preis: 18,00 EUR
E-Book: 13,99 EUR
Reihe: 1/1
Erscheinungsdatum: August 2015
Übersetzter: Marianne Gareis




Inhalt: 
In Venedig ist der Abenteuerer und sympathische Klein-Krimineller Bruno Labastide zu Hause. Nach langen Reisen und seinen abwechslungsreichen Trips um die ganze Welt sucht er nun ein bisschen Ruhe. Bis er auf die geheimnisvolle Japanerin Keiko trifft, diese gewährt ihren Liebhabern nur eine einzige Nacht und auch nur, wenn dieser ihr im Gegenzug schöne berührende Geschichten schickt. Wie gut das Bruno so viel rum gekommen ist und ein Sammler von besonderen Geschichten ist. Was er ihr wohl alles zu erzählen hat? Wohin uns seine Berichte führen werden? Und wird es reichen, um diese eine Nacht zu erleben?

Meinung:
Ich muss gestehen, mich hat der Titel bei diesem Buch einfach magisch angesprochen, der Wörterschmuggler. Man muss sich das so richtig durch den Kopf gehen und auf der Zunge zergehen lassen, da wird die Fantasie doch einfach schon selbst freigesetzt und man grübelt, was das wohl für ein Beruf sein könnte. Wie schmuggelt man Wörter, wie muss ich mir das Ganze  vorstellen und welche Wörter sind es Wert geschmuggelt zu werden. Das dahinter, was anderes steckt, ist natürlich nicht verwunderlich, denn die Liebe streckt ihre Fühler ja überall aus. So kommt es, das unser Held Bruno, der bezaubernden Keiko eine Geschichte nach der anderen zuschickt und auf seine eine Nacht wartet, oder vielleicht sogar mehr.

Leider muss ich hier direkt meinen Knackpunkt erwähnen, hätte ich nicht im Klappentext gelesen, dass Bruno ihr Geschichten schickt, um ihr Herz oder diese Nacht zu erobern, wäre ich so von alleine nicht darauf gekommen. Der Anfang ist ein kurzes Intermezzo, wo sich die beiden begegnen und dann folgt eine Kurzgeschichte nach der anderen, bis man sich am Ende wieder sieht. Keine Einleitung in den Geschichten, kein Zwischenstand bei den Beiden und keine Rührung von Keiko dazu. Ich glaube das hätte dem Ganzen ganz gut getan und wirklich miteinander mehr harmonisieren lassen. So springt man von einem Kapitel zum nächsten und fragt sich doch, und was ist mit den Beiden? Das ist mein kleines Manko an dem Buch, aber vom überwältigenden Zauber seiner Wörter habe ich noch nicht gesprochen.

Natalio Grueso ist ein Künstler der Atmosphäre, ich bin so begeistert von seinem Können. Er schaffte es in jeder seiner Geschichten einen zu berühren und führt die geschehenden Bilder einem direkt vor die Augen. Egal wo seine Geschichten spielen, ob in Venedig, Paris, Genf, Shanghai oder Buenos Aires, man ist einfach dort. Ich als Leser war dort, in wenigen Sätzen hat er alles eingefangen und diesen Ort für mich direkt im Kopf geschaffen. Dabei legt er auf seine Geschichten ganz besonders viel wert, was seinen Inhalt angeht, diese sind mit Weisheit bestückt, oder rühren das Herz, jede ist anders und hat trotzdem eine starke Aussage. Die darin spielenden Figuren sind sympathisch und man möchte sie einfach kennenlernen. Er hat einfach unheimlich viel Geschick zu schreiben, dabei ist er sensibel, feinfühlig, oft sogar poetisch und seine Worte strahlen oft auch eine wunderbare Melancholie aus. Jede dieser Geschichten lohnt sich zu entdecken, er hat so viele tolle Ideen, die mich total überraschten und in den Bann gezogen haben.

Wer also sehr gern Kurzgeschichten liest, sollte hier zugreifen. Als Roman finde ich es nicht ganz so gut umgesetzt und es wirkt einfach somit nicht ganz rund. Aber was der Autor in seinen Erzählungen geschaffen hat, sind kleine Meisterwerke und zeigen auf, das Natalio Grueso ein guter Beobachter sein muss. In jeder Geschichte lässt er uns so viel Gefühle und Atmosphäre spüren und transportiert die Bilder in den Kopf direkt mit dazu. Dieses Buch nimmt man auch gern später noch in die Hände und liest einfach mal wieder eine Kurzgeschichte.
 
Henry und ich sind von den Kurzgeschichten total angetan und vergeben vier Bücherpunkte:
 

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Über den Autor:


ist Regisseur am Teatro Español und am Institut für Performing Arts of the City of Madrid. Zuvor war er Leiter des Oscar-Niemeyer-Kulturzentrums im spanischen Avilés, das der legendäre brasilianische Architekt Oscar Niemeyer entworfen hat. Der Wörterschmuggler ist Gruesos erster Roman.



Vielen lieben Dank an den Atlantik Verlag für das  Rezensionsexemplar. 

6 Kommentare:

  1. Bonjour, Inga.
    Geschichten für die Sinnlichkeiten einer Liebesnacht; läßt einen spontan an den Aufbau von "1001 Nacht" denken - wenn auch der (mögliche) Preis einer jeden Geschichte ein anderer ist. Da nun alle Einzelteile nicht untereinander verwoben werden - Dein Punkt der Kritik - klingt es nach einer einfachen Klammer, die aus der Sammlung Kurzgeschichten einen Roman zaubert.
    Was mich direkt zur reservierten Haltung hiesiger Leser zu solchen Anthologien bringt; schließlich können short-stories meisterhafte Vertreter der Kunst des Erzählens sein. Die Vollendung des Wesentlichen, sozusagen.
    Rein inhaltlich scheint die Wandlung der Kurzgeschichtensammlung zur Notwendigkeit des Romans unbeantwortet.
    Ein Geheimnis - wohl eine weitere Anlehnung an die Sammlung orientalischer Märchen... ;-)

    bonté

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    1. Hallo Robert,

      so ein bisschen habe ich auch an "1001 Nacht" gedacht, aber es kommt mehr vom Klappentext, als vom Buch her so rüber.
      Stimmt, gäbe es nicht das erste und letzte Kapitel und das in einigen der Hauptcharakter eine Rolle spielt, könnte man es auch als Kurzgeschichteband sehen ... aber ich will nicht meckern... Seine Kurzgeschichten waren einfach wunderbar und haben mich, wieder die Liebe dafür entdecken lassen ... einfach bezaubernd, poetisch, atmosphärisch ... Ich würde es trotzdem. oder gerade deswegen weiterempfehlen ... Schade, wenn das nicht so rüber kommt :-(

      Hab noch einen schönen Sonntagabend
      Inga

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    2. ...doch, das kam sehr deutlich von Dir zur Aussprache!
      Don't mind - gelegentlich schweife ich in meinen Zeilen etwas in Gelände ab. Mea culpa.
      bonté

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    3. ... dann bin ich jetzt wieder beruhigt :-)

      Liebste Grüße

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  2. Der Titel hat mich sofort angesprochen - und als Liebhaberin von Kurzgeschichten musste ich einfach zugreifen...

    GlG Klara
    www.psychobuch.org

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    1. Hallo Klara,

      das freut mich ausgesprochen sehr, dann viel Freude damit :-)

      Ganz liebe Grüße und Danke für deinen Besuch
      Sharon

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